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Vinko Puljic

Kardinal, Erzbischof von Vrhbosna-Sarajevo
 biografie

Gott schenkt dem Menschen Frieden im Gewissen. Nur wer Frieden im eigenen Herzen trägt, kann auch den Frieden aufbauen. Der Mensch, der für die Gabe Gottes offen ist, ist in der Lage Erbauer und Vermittler des Friedens zu sein. Jesus hat diejenigen selig genannt, die den Frieden aufbauen. Die Seligpreisungen der Bergpredigt sagen ausdrücklich: Selig die Frieden stiften (Mt 5,9).  Jesus sagt es auch auf andere Weise: "Frieden hinterlasse ich euch…" (Joh 14,27).

Die Gabe Gottes ist der Friede in den menschlichen Herzen, Frieden unter Menschen und Völkern. Der Egoismus, Hass und andere Interessen sind imstande, den Frieden zu ruinieren und die Umstände für den Krieg hervorzubringen. Der Selige Johannes Paul II hat, als er am 12 April 1997 eintraf, am Flughafen von Sarajewo gesagt: "Ich möchte alle Bürger dieses Landes umarmen, besonders die, die ihre Lieben verloren haben, die an ihren Körpern die Zeichen des Krieges tragen und die während des Konfliktes gezwungen waren, ihr eigenes Haus zu verlassen …". Er ist als Pilger des Friedens mit einer Friedensbotschaft und dem Gebet für den Frieden nach Sarajewo gekommen.

In dieser Botschaft legte der Papst auf besondere Weise das spirituelle Bedürfnis nach einer erneuerten Innerlichkeit des Menschen dar; in seinem Inneren sei das Ärgernis angesiedelt, das für Kriege ursächlich sei. Wirklich, für den Aufbau des Friedens ist es sehr wichtig, das Herz vom Hass zu befreien. Für den Prozess der inneren Befreiung muss man den Weg über das innere Freiwerden mittels der Vergebung beschreiten. Die Vergebung tastet die Verantwortlichkeit nicht an, sie befreit aber das Herz vom Gift des Hasses. Nur wenn wir innerlich frei sind, können wir Erbauer des Friedens sein.
Die Fundamente für den Aufbau des Friedens sind klarerweise die Wahrheit und die Gerechtigkeit. Für die Wahrheit braucht es den Mut, der sich über die politischen Interessen erhebt und alles bei seinem wahren Namen nennt. Das Anliegen der Gerechtigkeit liegt darin, dass jede Person die Verantwortung für ihre eigenen Handlungen übernimmt.
Die Gerechtigkeit, welche die juristischen Verfahren leitet, genügt nicht zum Aufbau des Friedens, wenn es keine Reinigung gibt, wenn es kein Anerkenntnis und Bereuen der begangenen Verfehlungen gibt. Hier sind persönliche innere Haltungen wichtig, die betreffende im Christentum nennt sich Bekehrung, und sie geht von der Reue aus.

Der Selige Johannes Paul II rief am Flughafen von Sarajewo am 12. April 1997 aus: "Nie wieder Krieg, nie wieder Hass und Intoleranz! Das ist die Nachricht dieses Jahrhunderts und Jahrtausends, die zu Ende gehen." Der Papst unterstrich die Botschaft seiner Pilgerreise für den Frieden in Sarajewo: "Die Logik der Gewalt muss ersetzt werden durch eine konstruktive Logik des Friedens" … "Der Friede wird siegen, wenn alle es verstehen werden, in der Wahrheit und in der Gerechtigkeit zu arbeiten und dabei zugleich den legitimen Erwartungen der Bürger dieses Landes entgegenkommen, die in ihrer komplexen Vielschichtigkeit ein Zeichen für ganz Europa sein können".

Es ist uns bewusst, dass der Krieg viele Gebäude zerstört hat, er hat viele Menschenleben mit sich fortgerissen und viele Brücken zerbrochen. Gebäude baut man schnell wieder auf, jedenfalls da, wo guter Willen dazu da ist, die Toten aber kann man nicht ins Leben zurückrufen. Wir können jedoch den Gräbern der Opfer Respekt erweisen. Es wäre sehr wichtig, wenn allen Bürgern Bosnien-Herzegowinas bewusst wäre, dass jedes Opfer Respekt verdient und dass die Opfer nicht zu politischen Zwecken manipuliert werden können. Dies ist grundlegend dafür, dass wieder Vertrauen einkehrt. Schwieriger ist es,  die Wunden in den Herzen der Menschen zu heilen und Beziehungen unter den Menschen aufzubauen. Wie lässt sich Vertrauen zurückgewinnen? Wie kann man die Befriedung stabilisieren?

Ohne die Stabilisierung eines gerechten Friedens gibt es keine Vergebung, keine Wiederversöhnung und kein Vertrauen. Gerechte Gesetze müssen erlassen werden, vor denen wir alle gleich sind. Wir können bezeugen, wie es in dem vorangegangen Staatssystem zwar die zu wünschende theoretische Gleichheit vor dem Gesetz gegeben hat, aber in Wirklichkeit eine substanzielle Ungleichheit vorherrschte.

Ferner erleben wir, dass die Mächtigen dieser Welt die Menschenrechte beschwören, doch es ist offensichtlich, dass die Mächtigeren leichter Recht bekommen. Das ist ein großes Hindernis für den gerechten und dauerhaften Frieden, in dem sich jeder Mensch sicher fühlt und in der Lage ist, eine bessere Zukunft aufzubauen.

Für den Aufbau des Friedens ist von Bedeutung, dass jeder Mann, jede Frau, jede Familie einbezogen sind, auch die Schulen als Orte der Erziehung und Bildung, alle Medien, die politisch-sozialen Strukturen, der Primat des Rechts etc..

Hier rufen wir uns die Botschaften Benedikt XVI. in Erinnerung, die er zu den Weltfriedenstagen ausgesandt hat, welche die Kirche jedes Jahr am ersten Januar begeht. Dies ist ein besonderer Tag des Gebetes, doch er gründet sich auf die Grundprinzipien des Glaubens und der Moral:

Zum 01.01.2006 sandte Benedikt XVI die Botschaft "In der Wahrheit ist der Friede" - hier lädt er die Katholiken in besonderer Weise dazu ein, das Evangelium des Friedens zu bezeugen und zu verkünden.

Zum 01.01.2007, "Die Person, Herz des Friedens" - hier erklärt er die Verbindung zwischen der Person und dem Frieden - die Gabe und die Aufgabe; das Recht auf Leben und das Recht auf religiöse Freiheit; die natürliche Gleichheit aller Menschen; die Ökologie des Friedens; die Menschenrechte und die internationalen Organisationen, das internationale Menschenrecht und die nationale Gesetzgebung; und schließlich die Kirche als Garant der Transzendenz des Menschen.

Zum 01.01.2008 "Die Menschheitsfamilie ist eine Friedensgemeinschaft".

Zum 01.01.2009 "Die Armut zurückdrängen, den Frieden aufbauen" - hier bezieht er sich insbesondere auf die Komplexität der Globalisierung, die Armut und die moralischen Konsequenzen, den Kampf gegen die Armut und die globale Solidarität.

Zum 01.01.2010 "Wenn du den Frieden aufbauen willst, beschütze die Schöpfung" - nicht nur den Menschen, sondern die Schöpfung, alles was Gott dem Menschen anvertraut hat, dass er es leite und führe und nicht etwa zerstöre.

Zum 01.01.2011 "Religiöse Freiheit - der Weg, der zum Frieden führt"
-    Heiliges Recht auf Leben und auf ein spirituelles Leben,
-    Religiöse Freiheit und gegenseitiger Respekt,
-    Die Familie als Schule der Freiheit und des Friedens,
-    Das gemeinsame Erbe,
-    Die öffentliche Dimension der Religion,
-    Religiöse Freiheit, die Macht der Freiheit und der Kultur; die Gefahr, diese zu instrumentalisieren,
-    Die Frage der Gerechtigkeit und der Zivilisation, der Fundamentalismus und die Feindschaft gegenüber den Gläubigen zerstört den positiven Laizismus eines Landes,
-    Dialog unter den bürgerlichen und religiösen Institutionen,
-    Dialog als gemeinsame Suche,
-    Die moralische Wahrheit in Politik und Diplomatie,
-    Hass und Vorurteile überwinden,
-    Die Freiheit des Gläubigen an jedem Ort der Welt.

Zum 01.01.2012 trägt die Friedensbotschaft des heiligen Vaters den Titel: "Die Jugendlichen zu Gerechtigkeit und Frieden erziehen"

Dies sind nur die Funken der Botschaften zum Aufbau des Friedens. Dazu braucht es den guten Willen eines jeden einzelnen und der ganzen Welt. Alle gemeinsam müssen wir zum Frieden beitragen, doch nicht mit Waffen, sondern mit den Grundprinzipien, die es allen Menschen erlauben, die Gaben Gottes zu genießen.