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Alganesh Fessaha

Präsident der Vereinigung Gandhi, Eritrea
 biografie

Mein Beruf ist es, Geschichten von Menschen zu suchen und aufzuschreiben. Diese Arbeit wurde mir bei der Suche in einem Land durchkreuzt, das ich zu den Ländern des Bösen zähle. Wo der Unterschied zwischen den Menschen darin besteht, ob man eine Kalaschnikow hat oder nicht, wo die Menschheit darin geteilt ist, dass einer eine Waffe hat und der andere nicht.

In Ländern, wo Menschen einfache Gesten nicht mehr ausführen können, die man normalerweise täglich tut; einen Wasserhahn aufdrehen oder den Schalter zu betätigen, um Licht zu haben. Die Armut und das Elend sind immer das, was hinter einem Krieg oder Konflikt steht.
In diesen Ländern traf ich Menschen, Männer, Frauen, Kinder, Alte, wo die Menschlichkeit abgeschürft worden war, wie eine Haut. Und darunter kam die Verzweiflung hervor, das Leiden und der Schmerz. Und ihre Beziehungen mit den anderen Menschen werden bestimmt von dieser Form der Unmenschlichkeit.

Und da sind Länder, von denen ich nur einige aufzähle, wie Somalia, Kongo, Liberia, Tschetschenien, Nigeria, Ruanda, Libyen und Syrien, dem letzten Land in einer schrecklichen Kette von Ländern von unermesslichem Leid und Schmerz. In all diesen Ländern, in diesem Alltag der Banalität der Gewalt, des Hasses dem anderen gegenüber, um zu überleben, entdeckte ich aber auch immer das Gegenteil, die Banalität des Guten; ein Krümel der Menschlichkeit; jemand, der in diesem Drama, in dieser furchtbaren Katastrophe, tat, was man vor langer Zeit mal getan hat, ohne Eigennutz, ohne Vorteil daraus zu ziehen, etwas, das es nicht mehr gibt, denn es ist aus unserem Vokabular gestrichen worden - die Güte.

Ich wurde vor zwei Jahren in Tripolis befreit, als ich Gefangener des Systems  Gaddafis war, und zwar durch libysche Jugendliche, die nichts davon hatten, mich zu befreien. Sie retteten mir das Leben.

Und dieses Jahr, wo ich fünf Monate in Syrien entführt worden war, traf ich einen Soldaten, den ich nicht kannte und der mir ein Telefon gab, damit ich nach zwei Monaten meine Familie Zuhause anrufen konnte, um ihr zu sagen, dass ich noch lebe. Die Banalität des Guten.
Ich sage immer, wenn Gott Gott ist, dann ist er in den Taten der Menschen. Also entdeckte ich Gott in den Gesten dieser Menschen.